Veranstaltungstipp: „Wir sind Bettler“ in Graz

„Wir sind Bettler. Das ist wahr!“ schrieb Martin Luther am 18. Februar 1546, kurz vor seinem Tod. Es ist wahr, wir sind Wesen, die bedürftig sind und es ein Leben lang bleiben. Ein generelles Bettelverbot, wie es in der Steiermark und in Graz am 1. Mai 2011 in Kraft tritt, überschreitet eine humanitäre Grenze, die unberührt bleiben muss. Es muss erlaubt bleiben, um Gaben zu bitten und Gaben zu empfangen. Die Ausstellung versammelt bestehende und neue künstlerische Positionen zum Thema Betteln und Bettelverbote.

Mit Arbeiten von: ERIC AUPOL, DELAINE LE BAS, JOACHIM BAUR, ERNST M. BINDER, CHRISTIAN EISENBERGER, STEFANIE ERJAUTZ, OLIVIA FÜRNSCHUSS, KARL GRÜNLING, PETER GERWIN HOFFMANN, ZLATKO KOPLJAR, XXKUNSTKABEL, CLAUDIA NEBEL, NORBERT NESTLER, FRIEDERIKE NESTLER-REBEAU, RESANITA, CHRISTOPH SCHLINGENSIEF, JOSEF SCHÜTZENHÖFER, WOLFGANG TEMMEL, GUSTAV TROGER, THEATER IM BAHNHOF, FRANZ WEST, JOSEF WURM, ZWEINTOPF, U.A.

Eine Kooperation von Akademie Graz und Stadtmuseum Graz
KuratorInnen: Martin Behr, Astrid Kury

Eröffnung: Donnerstag, 14.04.2011, 19.00 Uhr

Impuls-Statement: Menschenrechtsexperte Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Benedek

Ausstellungsdauer: 15.04. – 04.05.2011
Öffnungszeiten: Di – So, 10:00 – 18:00 Uhr

Stadtmuseum Graz, Sackstraße 18, 8010 Graz

Anfragen:
Akademie Graz, 0316 837985,
office@akademie-graz.at
www.akademie-graz.at

Stadtmuseum Graz, 0316 872 7600,
stadtmuseum@stadt.graz.at
www.stadtmuseumgraz.at

Verliert Graz den Titel „Menschenrechtsstadt“?

Ein Artikel aus der kleinen Zeitung am 25.02.2011 von Helmut Bast

Bettelverbot: Rüge aus USA

Hohe Wellen bis nach New York schlägt das beschlossene Bettelverbot. Menschenrechtsorganisation fordert zur Rücknahme des Gesetzes auf.

Als Verletzung der Menschenrechte und für eine Menschenrechtsstadt „inakzeptable Entwicklung“. So beurteilt Shulamith Koenig, Präsident der Menschenrechtsorganisation PDHRE mit Sitz in New York, in einem Schreiben an Bürgermeister Siegfried Nagl das am 15. Februar im Landtag beschlossene Bettelverbot. Die Betroffenheit und Besorgnis werde auch von den anderen Menschenrechtsstädten geteilt, so Koenig.

Koenig fordert Nagl (der ja für das Bettelverbot eingetreten ist) dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass das Gesetz zurückgenommen wird. Sollte dies nicht gelingen, drohe Graz seine Vorbildrolle als erste Menschenrechtsstadt zu verlieren. Die Rüge ist umso bemerkenswerter, als die UNO-nahe PDHRE damals Graz dazu bewog, sich zu einem Menschenrechts-Vorzeigebeispiel zu entwickeln. Koenig: „Eine Aberkennung des Titels wäre auch auf internationaler Ebene eine veritable Blamage.“ Nagl ist auf Urlaub. Man werde natürlich auf den Brief antworten, heißt es in seinem Büro.

Das Bettelverbot beschäftigt jetzt auch noch einmal den Landtag. Dass Landtagspräsident Manfred Wegscheider die Behandlung der Petition des Menschenrechtsbeirates ablehnt, erzürnt den Grünen Landtagsabgeordneten Lambert Schönleitner. Die Entscheidung sei „absolut nicht nachvollziehbar und peinlich für den Landtagspräsidenten“, so Schönleitner. Wegscheider mache sich zum „parteipolitischen Erfüllungsgehilfen“.

Morgen startet am Grazer Hauptplatz um 16 Uhr die Aktion „Betteln – Armut hat ein Gesicht“. Sie will der Konstruktion von Feindbildern entgegenwirken.

Bettelverbot in Österreich – Eine milde Plage

Ein Beitrag aus der süddeutschen Zeitung vom 23.02.2011 von Michael Frank

Nach Wien und Salzburg hat nun auch die Steiermark ein Bettelverbot erlassen. Der Generalverdacht gegen arme Bettlerbanden treibt nicht nur Juristen und Kirchenvertreter auf die Barrikaden.

Ist ein Mensch, der am Straßenrand kauert und um ein Almosen bittet, dem situierten, rechtschaffenen Bürger unzumutbar? Einst, es ist lange her, waren Bettler in Europa sogar akzeptierte Mitglieder der Gesellschaft, die dem wohlhabenden Rest der Welt, sofern freigiebig, wenigstens zu einem guten Gewissen verhalfen. Nun hat in Österreich nach den Bundesländern Wien und Salzburg auch die Steiermark ein generelles Bettelverbot erlassen. Die Folge ist ein heftiger gesellschaftlicher Disput über Diskriminierung und Pharisäertum.

In der steirischen Hauptstadt Graz demonstrierten kürzlich Hunderte Österreicher; um gegen das Verbot zu protestieren, knieten sie sich in Bettelpose an die Straßenränder der Innenstadt. „Wir haben nie etwas getan. Unsere Sünde besteht darin, dass wir arm zur Welt gekommen sind“, sagte Arpad Lakatos, Bettelveteran aus der Slowakei, der wie viele seiner Landsleute oft nach Graz kam, um Almosen zu erbitten. Und am Rande entlarvte der Disput auch noch die Mär von organisierten Bettlerbanden aus dem näheren europäischen Osten als populistische Propaganda. Gegen die Verbote in Wien und Salzburg – deren Wirksamkeit allerdings als relativ einzuschätzen ist – laufen Beschwerden beim Wiener Verfassungsgerichtshof. Umso erboster sind die Gegner des Verbots, dass der steirische Landtag mit seinem Beschluss nicht auf den Spruch des Gerichts warten wollte. Weiterlesen