Weiter gegen jede Form von Bettelverboten

Schwammige Gesetzesbestimmungen gefährden das Recht auf „stilles Betteln“!

Der Verfassungsgerichtshof hat heute die Klage von SPÖ und Grüne gegen das vom OÖ Landtag beschlossene Bettelverbot abgewiesen. Laut VfGH ist es zulässig bestimmte Formen des Bettelns zu verbieten, wie das beim OÖ Bettelverbot der Fall ist.

Seit Bestehen des Oö. Bettelverbotes hat aber sich gezeigt, dass sich die rechtliche Situation der BettlerInnen in OÖ kurioserweise verbessert hat, denn das „stille“ Betteln, das zuvor – als Verstoß gegen das Oö. Sammlungsgesetz – regelmäßig bestraft wurde, ist nun explizit gestattet. Insofern halten wir das Oö. Polizeistrafgesetz sogar für einen Fortschritt.

Das Verbot von „aggressivem“ und „organisiertem“ Betteln ist laut VfGH verfassungskonform. Diese Verbote halten wir aufgrund ihrer schwammigen Beschreibung im Oö. Polizeistrafgesetz weiterhin als sehr problematisch. Sie können – bei strenger Auslegung – als Einladung zu einer unsachlichen und willkürlichen Gesetzesanwendung verstanden werden und so das verfassungsgemäß erlaubte Betteln einschränken.

Die Bettellobby OÖ spricht sich weiterhin für die Abschaffung aller Bettelverbote aus: Soziale Probleme können nicht durch die Kriminalisierung von armen Menschen gelöst werden. Es gilt die Armut zu bekämpfen und nicht die Armen! Sollte es im Zusammenhang mit dem Betteln zu Nötigung oder Menschenhandel kommen, gibt es dafür entsprechende Gesetze im Strafrecht.

Außerdem möchten wir bekanntgeben, dass die Bettellobby OÖ neben Organisationen aus Salzburg, Steiermark, Tirol und Wien Teil des neugegründeten Netzwerks „Österreichisches Forum gegen Bettelverbote“ ist, das am 20. Juni in Graz gegründet wurde. Damit wird es in Zukunft einen noch intensiveren Austausch und eine koordinierte Zusammenarbeit regionaler Initiativen und Persönlichkeiten gegen Bettelverbote geben. Die Einbindung weiterer Bundesländer und Initiativen ist geplant.

In den kommenden Wochen wird unter www.gegenbettelverbote.at eine eigene Website mit weiterführenden Informationen zum Thema Betteln und Bettelverbote in Österreich erstellt.

Ab Herbst sind weitere Vernetzungstreffen und österreichweite Aktionen geplant.

 

Stadtwache gegen BettlerInnen?

Ein Blog-Eintrag von Giro übernommen aus dem sehr empfehlenswerten KUPF-Blog:

Derzeit wird im Linzer Gemeinderat heftig über den Zuständigkeitsbereich des Ordnungsdienstes gestritten. Anlass ist das vom Landtag beschlossene Bettelverbot. Es stellt den Gemeinden frei, eigene Sicherheitsorgane mit der Exekution des Gesetzes zu betrauen. Die Formulierung läßt aber offenbar zwei Rechtsauffassungen zu.

FPÖ, ÖVP, Bezirksverwaltungsamt und die städtischen JuristInnen vertreten die Meinung, dass die Stadt, da sie das Gesetz kontrollieren muss und weil sie über Institutionen wie den Ordnungsdienst verfügt, diese als besondere Aufsichtsorgane bestellen muss. SPÖ und Grüne wiederum meinen, dass die Stadt das Gesetz zwar kontrollieren muss, aber nicht zwangsläufig durch den Ordnungsdienst.

Bezirksverwaltungsdirektorin Dr. Steininger wird in der Zeitung „Österreich“ vom 10. Juni mit der Aussage zitiert, wonach sie dem Ordnungsdienst die Ermächtigung zur Kontrolle erteilen werde. Eine Weisung von Sicherheitsstadtrat Wimmer hat es bislang nicht gegeben. Ein von den Grünen eingebrachter Antrag, der die Exekution des Verbots durch den Ordnungsdienst ausdrücklich untersagt, wurde von der SPÖ nicht unterstützt – aus juristischen Gründen, wie sie sagt. Bald soll es Gespräche zwischen Stadt und Land über die Intention des Gesetzes geben. Soweit der aktuelle Stand.

Der Konflikt war anscheinend vorprogrammiert. Das Bettelverbot wurde von vielen als schlampig und unklar kritisiert, was sich nun zu bestätigen scheint. Das Gesetz erlaubt Einzelnen das Betteln ausdrücklich, verboten ist organisiertes und aggressives Betteln. Somit richtet es sich ganz klar gegen ausländische BettlerInnen. Aus SPÖ-Kreisen hört man, dass der Ordnungsdienst sowieso nicht in der Lage sein wird, den Nachweis für organisiertes Betteln zu bringen und die Betrauung desselben somit wirkungslos bleibt. Deshalb wird es wohl keine Weisung des Bürgermeisters geben.

Hintergrund des für viele KritikerInnen unverständlichen Verhaltens der Sozialdemokratie ist ein strategisches Dilemma, das sich durch viele Bereiche roter Politik zieht. Die Funktionärsschicht ist durchwegs gegen das Bettelverbot, so wie sie eigentlich auch gegen die Stadtwache ist. Ihre potentiellen WählerInnen hingegen befürworten beides mehrheitlich. Deshalb sind beide Themen äußerst unangenehm und ein direktes Vorgehen für die Partei nicht günstig.

Am 4. Juli tritt das Gesetz in Kraft und sollte es die Stadtwache exekutieren, werden ihr wohl viele Menschen dabei auf die Finger schauen. Spannend wird jedenfalls die Verfassungsklage von SPÖ und Grünen auf Landesebene, an der gerade gebastelt wird.

BettelLobby OÖ begrüßt Verfassungsklage gegen des Bettelverbot

Heute haben die Grünen OÖ bekannt gegeben, dass sie gemeinsam mit der SPÖ OÖ eine Verfassungsklage gegen die Änderungen im Polizeistrafgesetz (Oö Polizeistrafgesetz-Novelle 2011) einbringen werden. Ziel ist es, das sogenannte Bettelverbot wieder zu Fall zu bringen, das am 4. Juli in Kraft treten soll.

Die BettelLobby OÖ begrüßt das Vorhaben ausdrücklich und freut sich, dass sich beide Parteien letztlich doch noch auf diesen längst überfälligen Schritt einigen konnten. In den nächsten Wochen wollen die Abgeordneten eine gemeinsame Vorgehensweise erarbeiten. Die BettelLobby bietet den beiden Landtagsklubs ihre Unterstützung an und ist selbstverständlich bereit ihr Know How in den Prozess einfließen zu lassen.

„Es gibt viele Gründe das Bettelverbot abzulehnen, unter anderem auch starke verfassungsjuristische Bedenken. Wir sind optimistisch, dass es auf diesem Wege gelingen wird dieses unsinnige und unmenschliche Gesetz zu Fall zu bringen“, kommentiert der Sprecher der BettelLobby OÖ Christian Diabl die heutige Ankündigung.

„Die jüngsten Protestaktionen in Graz haben einmal mehr gezeigt, dass ein derart inhumanes Vorgehen von vielen Menschen nicht widerstandslos hingenommen wird.“ so Diabl abschließend.

Presseaussendung als PDF

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